Die Idee für „Park Your Truck“ kam Denise Schuster im Studium. Mit dem Start-up will die Unternehmerin mehr Parkplätze für Lkw schaffen – und setzt dafür vor allem auf ältere Beschäftigte.
DENISE SCHUSTER
Gründerin von Park Your Truck
Foto: Promo
Das Problem dürfte jedem bekannt sein, der schon mal auf der Autobahn unterwegs war. Der Parkraum für Lkw ist knapp, auf den Raststätten reihen sich Truck an Truck, oft bis auf den Standstreifen der Autobahn.Andernorts beschweren sich Gemeinden über Wildparker, dasMüllproblem, die abgefahrenen Bordsteine. Denise Schuster befasste sich mit diesem Problem und stellte fest, „dass der Markt noch ganz schwach besetzt ist und dass da noch keiner eine richtige Lösung dafür hatte.
Es braucht also mehr Parkplätze – Schusters Strategie: Flächen finden, die schon versiegelt, aber noch nicht als Lkw-Parkplätze ausgewiesen sind. Sie geht auf Unternehmen, Lkw-Werkstätten, Messen, Stadien,Flughäfen zu und fragt nach, ob die Flächen nachts zur Verfügung stehen.Erhält sie das „Go“, werden die Flächen von „Park Your Truck“erschlossen, ein mobiles Bezahlsystem wird installiert.
Auf Wunsch der Kunden – der Speditionsunternehmen – stattet sie dieFläche mit Zäunen, Kameras, Licht, Sanitäranlagen und sogarGrillplätzen aus. „Das machen wir im großen Stil, wir haben 6000 Stellflächen in Europa, die wir auf diese Art betreiben für einzelneKunden.“ Zusätzlich sucht „Park Your Truck“ Flächen, um die eigeneParkplatzkarte zu füllen, hier können online Stellplätze reserviert werden – von den Fahrern selbst oder von den Spediteuren.
Unternehmen expandiert nach Europa
Warum die Spediteure jetzt dafür Geld ausgeben sollten? Schuster appelliert an die Verantwortung der Spediteure, sich um sichere Parkplätze für ihre Fahrer zu kümmern. Dabei kommt ihremGeschäftsmodell der dramatische Arbeitskräftemangel in der Logistikbranche zugute. Mit sicheren, gut ausgestatteten Parkplätzen können die Speditionsunternehmen die Fahrer an sich binden und denBeruf attraktiver machen.
Das Unternehmen mit Hauptsitz in Dessau-Roßlau expandiert inzwischen auch im europäischen Ausland: „Wir haben im letzten Jahr eine eigene Tochter in England gegründet, eine in Spanien, eine in Italien, eine in Frankreich.“ Als nächstes stehe die Elektrifizierung der Parkplätze an, erklärt Schuster, Parkplätze mit Ladesäuleninfrastruktur seien bislang rar gesät. Für die anstehenden Projekte hat sich DeniseSchuster mit René Stahl einen Co-Geschäftsführer aus der Energiebranche ins Boot geholt.
Quereinsteigerin in der Logistikbranche
Denise Schuster ist studierte Betriebswirtin und war vor „Park YourTruck“ Geschäftsführerin einer Werbeagentur, auch damals in einer speziellen Nische: Flughafen- und Flugzeugwerbung. Vor der Gründung von „Park Your Truck“ hat sie in München und Berkeley im Master „Innovation und Business Creation“ studiert.
Im Rahmen des Studiums musste sie eine Unternehmensidee entwickeln, die Idee von „Park You Truck“ war geboren. Und weil sie so gut ankam, sagte sich Schuster: „Dann gründe ich halt, dann mach ich das.“ Auch wenn die heute 41-Jährige anfangs als Quereinsteigerin in der Logistikbranche belächelt wurde, sieht sie selbst darin einen großenVorteil: „Das war total gut, weil ich überhaupt keine Grenzen im Kopf hatte. Diese Naivität, die man dann hat in einem neuen Markt, die ist ja auch förderlich.“
Mitarbeitende mit Berufserfahrung
In Sachen Unternehmenskultur fährt Schuster eine ganz eigene Strategie: Außer ihr selbst sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über 50. Einerseits soll ihr Unternehmen kein Sprungbrett für Berufseinsteiger sein, die das Know-how dann mit zum nächsten Start-up nehmen. Viel wesentlicher ist der Chefin allerdings, dass ihre Mitarbeiter dank jahrelanger Berufserfahrung gelassen und entspannt mit neuen Herausforderungen umgehen.
„Für ein Start-up ist das unüblich, wir haben vielleicht keinen coolen Billardtisch, aber ich habe die geballte Erfahrung meiner Mitarbeiter.“ Schuster schätzt die Eigenverantwortung in ihrem homogenen Team und die Motivation ihrer Mitarbeiter, in den letzten zehn Berufsjahren „noch etwas reißen zu wollen“. Auf ihr Team, das in ganz Europa verstreut arbeitet, kann sie sich voll verlassen.
Als Ausgleich zu ihrer 60-Stunden-Woche geht Schuster auf Reisen. „Ich finde es total spannend, wie andere Länder ihre Probleme lösen. Mich motivieren Erfolgsgeschichten aus anderen Ländern, von anderen Frauen.“
Sie selbst beschreibt sich als „Einhorn in der Logistikindustrie.“ Die sei sehr männlich geprägt. „Da sind alteingesessene Unternehmer, die dir erklären wollen, wir der Markt funktioniert. Da muss man ganz hart kämpfen, um das Thema voranzubringen.“ Für ihren Mut und ihr Engagement ist sie 2021 vom Bundeswirtschaftsminister als Vorbildunternehmerin ausgezeichnet worden. Frauen zu beruflicher Selbständigkeit ermutigen und Mädchen für das Berufsbild „Unternehmerin“ begeistern – darum geht es bei dieser Auszeichnung.Schuster will dieser Würdigung gerecht werden.
Welches Auto kaufen Sie als nächstes?
Ein E-Auto.
Wie halten Sie es mit dem Fliegen?
Sehr selten, ich bin jahrelang nicht mehr geflogen, weder privat noch geschäftlich.
Wer gibt in der Mobilitätsbranche das Tempo vor?
Die Bürokratie. Wir wären schon viel viel weiter, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien mit weniger Genehmigungsverfahren und viel schneller gehen würde. Dann käme auch der Ausbau der Infrastruktur schneller voran.
Wo würden Sie gerne das Rad neu erfinden?
Genau hier. Ich würde gern die Bürokratie komplett abbauen, wenn es umso etwas Wichtiges wie die Rettung unseres Planeten geht. Da müsste es ein Online-Antragsverfahren geben für den Bau von Windrädern und Solaranlagen, die sollten super einfach und innerhalb weniger Wochen geprüft und genehmigt werden.